Exkursionsbericht
Die Teilnehmer der Japan-Exkursion mit Leiterin Dr. des. Cosima Wagner und S. Honda vom Verlag Shûeisha (Redakteur der Zeitschrift "Shônen Jump")
Datum der Reise: 11.9.2010 – 25.9.2010
Leitung: Dr. des. Cosima Wagner, Fachbereich 9, Japanologie
Unter dem Titel „Goethe explores ‚Cool Japan’: Angewandte Studien zur japanischen Populärkultur“ reiste eine Gruppe von fünfzehn Studierenden der Japanologie als Mitglieder des universitären Arbeitskreises „Cool Japan“-AG unter der Leitung von Dr. des. Cosima Wagner vom 11.9. bis 25.9. 2010 für vierzehn Tage nach Tôkyô und Kyôto, gefördert mit zentralen QSL-Mitteln des Präsidiums sowie durch das International Office (PROMOS-Programm). Die Reise war zugleich die erste Exkursion nach Japan in der Geschichte der Goethe-Universität und der Japanologie.
Ziel der Studienreise nach Japan war es, den TeilnehmerInnen zum ersten Mal seit Beginn ihres Studiums einen Einblick in das gegenwärtige und historische Japan aus eigener Anschauung zu geben sowie auf das Thema der AG bezogen ein vertieftes Verständnis der japanischen Kreativwirtschaft, insbesondere der Produktion und Rezeption japanischer populärkultureller Produkte zu gewinnen. Ein weiteres Ziel der Reise war der Austausch mit japanischen Studierenden in Form von gemeinsamen Seminaren und Stadtexkursionen in Tôkyô bzw. Kyôto, bei denen die Übung der sprachlichen Fähigkeiten in Form von Gruppenreferaten auf Japanisch und ein Einblick in das japanische Universitätssystem im Vordergrund standen. Mit dem Besuch von drei Universitäten wurden zugleich die neu etablierten bzw. noch im Aufbau befindlichen Austauschbeziehungen zu Partneruniversitäten vor Ort gestärkt.
In einjähriger Vorbereitung wurde das Programm der Studienreise im Rahmen der AG-Sitzungen erarbeitet, während der Reise übernahmen die TeilnehmerInnen abwechselnd die „Programmbetreuung“ beim Besuch der einzelnen Institutionen. So wurden für jede Institution Fragen vorbereitet, die vor Ort auf Japanisch gestellt werden konnten. Am Ende eines jeden Termins musste ein Gastgeschenk überreicht und eine formvollendete Danksagung auf Japanisch vorgenommen werden. Das Sprachniveau der einzelnen Studierenden war dem Fachsemesterstand gemäß unterschiedlich hoch. Während einige sich bereits flüssig verständigen und kommunizieren konnten, musste für die jüngeren Semester teilweise gedolmetscht werden, was zugleich aber wiederum eine gute Übung für die höheren Semester war. Dank der langfristigen Vorbereitung der Fragen und Referate war es jedoch auch den jüngeren Semestern möglich, ihre Sprachkenntnisse zu erproben. Es war erstaunlich anzusehen, welche Fortschritte einige hierbei im Rahmen der 14tägigen Reise machten.
Zum Aufenthalt in Tôkyô und Kyôto
Die Reise begann mit einem achttägigen Aufenthalt in Tôkyô, wo die Gruppe zunächst mit den äußerst ungewohnten klimatischen Bedingungen zu kämpfen hatte. Die Temperaturen lagen täglich bei etwa 35 Grad, zusätzlich herrschten ca. 70 Prozent Luftfeuchtigkeit. Insbesondere der Wechsel von heißen Außentemperaturen und stark klimatisierten Büros bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln verursachte einige Probleme, mehrere Studierende zogen sich im Laufe der Reise eine Erkältung zu. Das Besichtigungsprogramm sah zwei bis drei Termine pro Tag vor, die trotz der widrigen Wetterbedingungen alle erfolgreich absolviert werden konnten.
Aufschlussreich waren die Besuche von zwei Kreativindustrieproduzenten, des Verlags Shûeisha (Produktion von Manga und Zeitschriften) und des Videospieleherstellers Bandai Namco Games. In beiden Institutionen nahm man sich 90 bis 120 Minuten Zeit, um mit Referaten und viel Anschauungsmaterial die Produktion von Manga-Zeitschriften und Videospielen zu erläutern, wobei deutlich wurde, wie sehr diese durch ständige Konsumentenbefragungen abhängig vom Geschmack der japanischen Kunden aller Altersklassen sind.
Ein besonderer Höhepunkt war weiterhin der Besuch des Außen- und des Wirtschaftsministeriums, wo man sich ebenfalls viel Zeit für ausführliche Erläuterungen zur staatlichen Bedeutung der japanischen Populärkultur nahm. Wie uns im Wirtschaftsministerium mitgeteilt wurde, sei die japanische Populärkultur im Juli dieses Jahres zu einer von sieben wichtigen Säulen für die Zukunft der japanischen Wirtschaft erhoben worden, das Außenministerium habe sogar junge japanische Fashion-Models (Gothic-Lolita Stil!) als offizielle Botschafterinnen des Landes ernannt und sende diese nun zu Messen und anderen Veranstaltungen als „coole“ Aushängeschilder Japans um die Welt. Welche Beliebtheit Videospiele in Japan haben, erfuhr die Exkursionsgruppe beim Besuch der Tokyo Game Show, der größten Messe für Videospiele weltweit, zu der sich über 200.000 Menschen auf das Messegelände drängten und zum Teil über sechs Stunden anstanden, nur um für zehn Minuten ein neues Videospiel ausprobieren zu können.
Neben der japanischen Populärkultur stand jedoch auch der Erwerb von landeskundlichen Kenntnissen auf dem Programm, was den Besuch wichtiger Museen zur Geschichte des Landes, buddhistischer Tempel und shintoistischer Schreine sowie die Besichtigung berühmter Stadtviertel (Akihabara, Asakusa etc.) bzw. Städte (Kyôto, Nara, Ôsaka) mit einschloss. Eindrucksvoll war hier der Besuch des „Zukunftsmuseums“ Miraikan in Tîkyô, in dem Roboter als künftige Haushaltshelfer und Partner des Menschen inszeniert werden.
Der Austausch mit japanischen Studierenden war ein weiterer Höhepunkt der Reise. In Tôkyô besuchten wir zunächst die Senshû-Universität, mit der die Japanologie seit vier Jahren durch virtual classroom-Unterricht verbunden ist. Da die meisten Studierenden sich bereits aus dem „virtuellen“ Unterricht kannten, herrschte eine sehr fröhliche Stimmung. Die Studierenden der Senshû-Universität hatten unter Anleitung ihrer Professorin Noriko Itasaka und ihres wissenschaftlichen Mitarbeiters Mitsuo Yasuoka ein minutiöses Besichtigungsprogramm erarbeitet, inkl. eines Rundgangs auf dem Universitätscampus, einer Begrüßung und Beratung durch das dortige International Office und Dozenten des Sprachlehrprogramms sowie eines gemeinsamen Mittagessens in der Mensa. Weiterhin begleiteten die Studierenden uns an zwei darauf folgenden Tagen in das Museum für Anime-Filme des Studio Ghibli sowie zu einer Führung durch einen Showroom der berühmten Unterhaltungselektronikfirma Sony. Die TeilnehmerInnen der Studienreise gewannen auf diese Weise ein sehr anschauliches Bild des universitären Lebens in Japan und erhielten wertvolle Informationen zur Vorbereitung eines Austauschjahres.
Dies gilt ebenso für den Besuch der neuen Partneruniversität der Goethe-Universität, der Dôshisha-Universität in Kyôto. Auch hier wurden wir sehr freundlich von Mitarbeiterinnen des International Office empfangen und konnten die neue Partnerinstitution in Augenschein nehmen. Einige TeilnehmerInnen der Exkursion haben sich anschließend für einen Studienplatz zum ersten Termin ab 1.4. 2011 beworben.
Zuletzt stand der Besuch des Manga-Museums in Kyôto auf dem Programm, welches zugleich ein Forschungsinstitut der Kyôto Seika-Universität ist. Hier empfingen uns Studierende des Masterkurses von Prof. Jaqueline Berndt, die am dortigen Manga-Fachbereich lehrt. Sieben Monate hatten die Vorbereitungen zu diesem gemeinsamen Seminar angedauert, von der Festlegung des Seminarthemas („Cool Japan“ in Deutschland: gesellschaftliches Phänomen und japanologisches Forschungsthema), der Zusammenstellung der Referatsgruppen bis zur Ausarbeitung eines japanischen Vortragsmanuskriptes. Die deutschen Studierenden haben diese Aufgabe jedoch bravourös gemeistert, selbst Studierende aus dem zweiten Fachsemester nahmen allen Mut zusammen und trugen einige Minuten den vorbereiteten Text vor. Es entstand eine sehr intensive Diskussion mit den japanischen Studierenden, die allen Mitgliedern der AG viele Anregungen und Ideen zu weiteren Nachforschungen in Sachen japanischer Populärkultur gegeben hat. Das Seminar wurde von beiden Seiten als voller Erfolg gewertet, die deutschen Studierenden haben darüber hinaus die Bedeutung der Referate für ihre Selbstsicherheit bei der Sprachanwendung im Japanischen hervorgehoben.
Wie auch im Reiseblog ausführlich nachzulesen ist, hat die Japan-Exkursion eine Vielzahl an Eindrücken, Kontakten, Erkenntnissen und Bildern mit sich gebracht, die die Studierenden nach eigenen Aussagen nachhaltig motiviert, ihr Studium bis zum Master fortzusetzen und ihr Engagement für das Fach sowie die Entwicklung von Perspektiven für die eigene berufliche Zukunft voranzutreiben.
Die Vertiefung der im Unterricht und in der AG erarbeiteten Themen durch die eigene Anschauung vor Ort ist eine ideale (wenn auch teure) Maßnahme, die ein problemorientiertes Lernen und Forschen ermöglicht und somit den Wissenshorizont eine(r)s Studierenden jenseits des BAMA- und Magister-Curriculums erweitert. Der Bezug von Lehre und Forschung wurde auf diese Weise nachhaltig gestärkt, das freie, kreative Arbeiten in einer kleinen Gruppe und die gemeinsame Durchführung der Studienreise trägt zudem zu einer Verbesserung der Studienatmosphäre bei.
Im Namen der Exkursions-Gruppe danken wir Vizepräsidenten Herrn Prof. Dr. Schubert-Zsilavecz und dem International Office der Goethe-Universität auf diesem Wege nochmals sehr, sehr herzlich für Ihre großzügige Unterstützung, ohne die diese Reise nicht möglich gewesen wäre!